Stadt in Asche
- Eva Amelie
- 19. Dez. 2024
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 21. Dez. 2024
Wir schreiben das Jahr 79 n.Chr. Kaiser Titus hat soeben die römische Herrschaft von seinem Vater übernommen. Während er und sein Vater wenige Jahre zuvor den Jerusalemer Tempel zerstört hatten und einen großen Triumphzug feierten, galt er für die Römer als ein wohltätiger Kaiser. So half er etwa nach einer der wohl am meisten in Erinnerung gebliebenen Naturkatastrophen.
An einem schicksalhaften Tag färbte sich der Himmel über der Stadt am Mittelmeer schwarz und eine riesige Wolke in Form eines Pilzes war über dem nahegelegenen Berg zu sehen. Sie breitete sich kilometerweit aus. Der Vesuv war ausgebrochen. Einige Menschen hatten so etwas bereits geahnt und waren in den letzten Tagen aus der Stadt geflohen aber einige waren auch geblieben und wurden unter 6 Metern Asche, Stein und Lava begraben. 6 Meter, die diese Stadt für die nächsten 1500 Jahre verschwinden liesen und konservierten wie in einer Zeitkapsel.
So fühlte es sich zumindest für mich an, als ich heute durch die Straßen von Pompeji zog. Von den 6 Metern Asche war nicht mehr viel zu sehen. Nur ein paar grüne Hügel zeugten noch von dem Material, das einst die ganze Stadt verdeckte.
Es fasziniert mich, wie hier eine ganze Stadt erhalten ist. Von Toiletten, Ladenzeilen und Wandgemälden bis hin zu Abdrücken der toten Körper, die unter den 6 Metern Asche verwest sind. Ich sehe hier nicht das erste Mal ein antikes Theater, nicht das erste Mal ein antikes Forum und nicht das erste Mal eine antike Straße. Doch eine ganze antike Stadt, unbewohnt, ein wenig geisterhaft, ist doch etwas anderes. Ich fühle mich, als sei ich in der Zeit gereist. Vor meinem inneren Auge kann ich förmlich sehen, wie diese Stadt mit Leben gefüllt war. Die Wagenrillen auf den Straßen zeugen von einem geschäftigen Leben. Wie viel Wägen hier wohl am Tag durchgefahren sind? Und ob diese wohl stehen geblieben sind, wenn Fußgänger am Zebrastreifen die Straße überqueren wollten? Ja, hier gibt es tatsächlich so etwas wie Zebrastreifen, auch wenn sie mit Sicherheit einen anderen Namen trugen. Immer wieder finden sich auf den Straßen Brücken aus Stein, ähnlich eines Stein-Pfades durch einen Fluss. Die Breite, die Abstände und die Höhe der Steine sind genau so, dass die Wagenräder zwischen den Steinen durch und der Wagen über die Steine drüber fahren konnte, während Fußgänger auf dem Bodenniveau der höher gelegten Gehwege die Straße überqueren konnten. Ich muss zugeben: Diese Architektur fasziniert mich und ich vermute, dass sie auch für eine gewisse Verkehrssicherheit sorgte. Auf den höher gelegten Fußgängerwegen konnte man wohl nur schwer spontan überfahren werden und die regelmäßigen „Fußgängerbrücken“ zwangen die Wägen vermutlich auch zu einem bestimmten Tempolimit. Aber das ist beides Spekulation meinerseits. Wen das genauer interessiert, der wird sich wohl selbst nochmal in die Materie einlesen müssen. :)
An verschiedenen Stellen der Stadt finden sich Abdrücke der Körper, deren Anblick ich klassischerweise mit Pompeji verbunden hatte. Da war ich fast schon überrascht, wie wenig der Körper ich hier gesehen habe. Aber vielleicht ist das auch gut so, um ein gewisses geschichtliches Interesse beizubehalten und bloße Katastrophen-Schaulustigkeit zu vermeiden. Wichtig ist aber: Die Körper, die hier ausgestellt sind, sind keine „mumifizierten" Menschen. Vielmehr sind die Körper der Menschen unter den 6 Metern Asche und Gestein nach und nach verwest und haben Hohlräume hinterlassen. Diese Hohlräume wurden später ausgegossen und so erhielt man diese Abdrücke. Ich dachte übrigens lange, dass die Menschen in Pompeji mitten in der Bewegung von solch großen Aschemengen eingedeckt wurden, dass sie sich nicht mehr bewegen konnten und deshalb mitten in der Bewegung erstickten. Es hat mich immer fasziniert, wie man an der Körperstellung erkennen konnte, was sie zuletzt taten. Damit lag ich aber massiv falsch. Anstatt in den Aschebergen zu ersticken, starben die Menschen wohl vielmehr an den Gasen, die ebenfalls aus dem Vulkan austraten und ihre Muskeln erschlafften wie die aller anderen Menschen auch im Moment des Todes. Durch die extreme Hitze, die etwas später auf die toten Körper einwirkte, zogen sich die Muskeln dann aber wieder zusammen, weshalb die Abdrücke nun so aussehen, als seien sie mitten in der Bewegung eingefroren.
So viel zu dieser faszinierenden Stadt und ihrem schrecklichen Schicksal.
Wer ein Mal die Möglichkeit hat, dem empfehle ich sehr, diese geisterhafte Stadt zu besuchen und einzutauchen in eine vergangene Welt, die hier wieder ganz lebendig wird.
Für mich und meine Kommiliton:innen schließt sich damit das Kapitel Rom. Morgen folgt noch eine kurze Online-Vorlesung übertragen aus dem Heiligen Land und am Sonntag werde ich selbst meine Füße wieder auf israelischen Boden setzen und in zwei Wochen Weihnachtsferien starten. Darauf freue ich mich schon sehr!
In diesem Sinne:
Shalom, Salam Aleikum, Friede sei mit dir!
Eva





Wie schön damals schon der Fußboden war!




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